Von unserem österreichischen ACI-Kollegen und Aktiven, Karl Prochazka, haben wir folgenden interessanten Bericht über die Teilnahme eines 12PS Citroen 2CV 1954 an der diesjährigen Mille Miglia erhalten, den wir Euch gerne zum Lesen mitgeben wollen – weitere Infos in der heute erschienenen Ausgabe der österreichischen AllesAuto (www.allesauto.at). Karl war stark an der Vorbereitung beteiligt und hat die technische Unterstützung des Teams auf der “Mille” begleitet!
Mille Miglia: Citroen 2CV:„come back“ nach mehr als einem halben Jahrhundert
Nach 55 jähriger Absenz war heuer eines der legendärsten Automobile wieder am Start dieses berühmten Klassikers: ein Citroen 2CV.
Die Mille Miglia wurde von 1927 bis 1957 – ab 1953 sogar als Teil der Sportwagenweltmeisterschaft – auf einem Dreieckskurs in Norditalien veranstaltet.
Der Citroen 2CV war zwar ursprünglich als minimalistischer Kleinwagen konzipiert, eignete sich aber in weiterer Folge aufgrund seiner Standfestigkeit und Zuverlässigkeit auch für motorsportliche Einsätze.
Von den 1955 am Start stehenden 8 Citroen 2CV kamen immerhin 5 ins Ziel, der Schnellste, Gert Seibert, kreuzte nach 1.597 Kilometern und 18 Stunden, 24 Minuten und 33 Sekunden (Schnitt 86,8 km/h) die Ziellinie. Dass sich Stirling Moss und sein Mercedes 300 SLR zu diesem Zeitpunkt bereits seit über Achteinviertelstunden als Sieger feiern ließen (Schnittgeschwindigkeit 157,7) sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Seit 1977 findet jährlich die „Mille Miglia Storica“ statt – ausschließlich mit Fahrzeugen, die auch damals am Start standen. Inzwischen ist die „Mille Miglia Storica“ zur absolut führenden und begehrtesten Veranstaltung der Gleichmäßigkeitbewerbe geworden. Nur absolute Top-Piloten mit nachweisbaren Erfolgen bei selektiven, internationalen Veranstaltungen werden ausgewählt. So haben heuer von 1.440 Interessenten nur 375 ihren Namen auf der Startliste gefunden.
Erstmalig mit dabei waren Christian und Margot Baier mit ihrem originalgetreu restaurierten Citroen 2CV, Baujahr 1954, zweifellos eine der erfolgreichsten Paarungen der österreichischen Oldtimerrallye-Szene. Mit ihren Siegen und Top-Platzierungen bei der Ennstal Classic, der Planai Classic, Wien-Triest, der 1000 Minuten Classic und vielen anderen Historic-Rallyes haben sie sich für einen fixen Startplatz empfohlen.
Dass die Angelegenheit keine touristische Ausfahrt werden würde, war Baier/Baier von Anfang an klar. Diese Veranstaltung ist und bleibt das Maß aller Dinge im Gleichmäßigkeitssport und das bestätigte sich schon bei der technischen Abnahme. Mehr als zwei Stunden lang werden von den technischen Kommissaren alle Details des Fahrzeugs sorgfältig auf Authentizität geprüft und – wie auch bei den Veranstaltungen der 50er Jahre – plombiert. Erst danach ist der Weg frei für die Startaufstellung.
Wer schon einmal italienische Massen in Euphorie erlebt hat, kann sich vorstellen, in welcher Atmosphäre die Teilnehmer zur Startrampe begleitet werden. Tatsächlich los geht es dann für das für Citroen Wien startende Team um 20:33 und bis zum Eintreffen in Bologna um 01:30 müssen zahlreiche Präzisions-Sonderprüfungen absolviert werden.
Am nächsten morgen m 07:45 erfolgt der Re-Start und nach Imola geht es dann über den Taminillo Pass bei plus 2 Grad Celsius, 2 Meter hohen Schneewänden und einer Sichtweite von maximal 15 Meter, Richtung Rom – immer begleitet von selektiven Wertungsprüfungen.
Rom – ein einziges Staccato: begleitet von der örtlichen Polizei geht es durch die nächtlichen Straßen der Ewigen Stadt. Petersplatz. Engelsburg, Spanische Treppe, alles rast in einem Irrsinnstempo vorbei. Das Ziel: die Villa Borghese in der Sollzeit (gegen 01:30 Uhr) zu erreichen und somit die Etappe ohne Strafzeit zu beenden.
Wer an Gemütlichkeit denkt, der irrt gewaltig, denn 6 Stunden später wird das Rennen wieder aufgenommen. Die Stadtdurchfahrten von Florenz und Siena erfolgen im gewohnten Renntempo, und über die gefürchteten Pässe Futa und Raricosa – vorbei an gestrandeten Teilnehmern, die auf den Fahrzeugtransporter warten – zeigt das Ententier seine wahre Bergtauglichkeit. So wird am späten Nachmittag Maranello erreicht, wo es auf dem Werksgelände von Ferrari zu einer weiteren Sonderprüfung auf der Rennstrecke von Fiorano kommt. Die Bremspunkte von 100 Metern und 50 Metern vor den Kurven hat Enzo Ferrari für den 2CV nicht richtig eingeschätzt, denn viele Kurven gehen voll.
Nach diesem Ausflug in die automobile Gegenwart wird die Toskana nochmals durchfahren und über Parma geht es zur letzen Zeitkontrolle 20 Kilometer vor Brescia. Brescia selbst wird im Triumphzug genommen. Unmengen von Menschen säumen die Straßen und die Begeisterung kennt keine Grenzen, wenn schlussendlich die Zielrampe erreicht ist.
Dann, wenn die ganze Anspannung der letzten drei Tage vorbei ist, dann sind die Emotionen an der Reihe und man denkt nicht daran, dass man nach nur 50 Stunden und 1600 km wieder nach Brescia zurückgekehrt ist, davon 39 Stunden gefahren ist und nur 7 Stunden geschlafen hat. Man ist einfach nur glücklich. Die Teilnehmer liegen einander in den Armen und freuen sich, dass sie es geschafft haben. Sie und ihre kostbaren Fahrzeuge, die auch heute noch zuverlässig diese Gewaltprüfung geschafft haben.
Wie das Rennen nun tatsächlich ausgegangen ist, ist absolute Nebensache. Doch Baier/Baier sind stolz, zahlreiche automobile Juwele hinter sich gelassen zu haben und dass ihr 172. Platz um exakt 76 Plätze besser ist als jener, den Gert Seibert anno 1955 einfahren konnte.
http://www.millemiglia.it/inglese/home.html
http://www.youtube.com/watch?v=UpkYG640wKc
Kontakt und Informationen: Christian Baier
Tel. +43 (1) 277 07-5301 | Fax: +43 (1) 27707-5290 | mailto:christian.baier@citroen.com
und
www.1000miglia.eu